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Ausstellung, Müllheim im Markgräflerland

Eigensinnige Welten. Die Malerin Else Blankenhorn (1873-1920)

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Vor 100 Jahren starb die Malerin Else Blankenhorn, die zwischen 1908 und ihrem frühen Tod eindrucksvolle Werke schuf, die Expressionisten wie Ernst Ludwig Kirchner intensiv beschäftigten. In Kooperation mit der Sammlung Prinzhorn an der Universität Heidelberg, wo ihr Nachlass betreut wird, mit Leihgaben aus Familienbesitz und mit eigenen Beständen erinnert das Markgräfler Museum an diese Ausnahmekünstlerin.

Auf dem alten Friedhof der StadtMüllheimim Markgräflerland erinnert eine Grabplatte an Else Blankenhorn, die am 20. November 1920 mit erst 47 Jahren aufgrund einer Krebserkrankung in einem Krankenhaus am Bodensee starb. Als Tochter des Weinbauprofessors Adolph Blankenhorn ruhtsie in der Familiengrabstätte.In Müllheim und im Markgräflerlandist wenig über ihr Lebenbekannt –dass sie wegen einer psychischenErkrankung in Sanatorien weilte, war vor 100 Jahren ein Tabu. In der Kunstwelt dagegen sind ihre Malereien und Zeichnungen seit vielen Jahren geschätzt.„Traumhaft visionäre Dinge“ bringe diese Malerin zur Darstellung, urteilte zum Beispielder Expressionist Ernst Ludwig Kirchner mitten im Ersten Weltkrieg fasziniert. „Die Farben sind mit einer fast unglaublichen Feinfühligkeit nebeneinander gesetzt, rein und stark, nur dem Gefühl entspringend, spotten sie jeder akademischen Lehre.“ Nur wenige Jahre warElse Blankenhorn ab 1908bildnerisch tätig, doch ihre Werke beeindruckten die Zeitgenossentief, die sie zu Gesicht bekamen.Else Blankenhorn wuchsin Karlsruhe als ältestesvon sechs Geschwistern ineinemgroßbürgerlichen Haushaltauf.Verwandtewarenals liberale Politiker oder in der bürgerlichen Frauenbewegung in Baden aktiv. Ihr Vater, der erste Naturwissenschaftler in der Familie, ein Weinbaupionier, gründetedaserste önologische Institut Deutschlandsund denDeutschen Weinbauverein.Am Victoria-Pensionat für höhere Töchter erhieltElse Blankenhorneine umfassende reformpädagogische, musische Ausbildung. Über die Familie, die am großherzoglichen Hof verkehrte, nahmsieam gesellschaftlichen und kulturellen Leben der badischen Residenzstadtteil. Mit Kunst warsievon Kindesbeinen an vertraut, siespielteKlavier, sang, fotografierte. Auch engagiertesie sich im Badischen Frauenverein. Reisen führten die jungeDame in die Schweiz, nach Italien und Südfrankreich.Mit 26 Jahren verlorsie plötzlich ihre Singstimme. Auf Anraten ihres Arztes erholtesie sich von diesem „Erschöpfungszustand“ im schweizerischen Privatsanatorium „Bellevue“ in Kreuzlingen am Bodensee, das unter Leitung der Medizinerfamilie Binswanger hohes Ansehen genossund wo bereits ihr Vater Patient gewesen war. Nach dem Abklingen dieser „nervösen Krise“ lebteElse Blankenhorn 1902 kurzzeitig in Heidelberg, dannvor allem bei ihrer Großmutter in Müllheim im Markgräflerland–im heutigen Anwesen Graf, damals eingroßesWeingut mit ausgedehnterParkanlage.Manche floralen und landschaftlichen Motive, die sie später malen wird, finden sich hier. Als kurz nacheinander zuerst diese wichtige Bezugsperson und dann ihr Vater im Alter von erst 62 Jahrenstarben, kehrtesie 1906 „erregt“ wieder ins „Bellevue“ zurück. Als Patientin erster Klasse, betreut von einer persönlichen Pflegerin, entwickelt sie in diesem „Schutzraum“ ihre eigenen Vorstellungswelten. Der geregelte Lebensstil gabihr in ihrem fortan psychisch instabilen Zustand zugleich Halt. SiestickteBildteppiche, schriebund übersetzte, wähntesich als Gattin des Kaisers, begannzu zeichnen und zu malen–menschenscheu, meist für sich. Die Kunsthistorikerin Doris Noell-Rumpeltes, Leiterin des Archivs der Sammlung Prinzhornin Heidelberg, in deren Bestand sich rund 450 Werke von Else Blankenhorn befinden,interpretiert ihr Werk auch als „Sehnsuchtsprojekt“. Ihre jahrzehntelangen Forschungen und ihre Publikationen bilden die Basis der gemeinsamen Ausstellung des Markgräfler Museums mit der Sammlung Prinzhorn, die mit einem langen Vorlauf vorbereitet wurde.Erstmals erhält Else Blankenhorn, die in über 50 Kunstausstellungen in Belgien, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Spanien, Großbritannien, Italien, Frankreich, den USA, den Niederlanden und Tschechien gezeigt wurde, 100 Jahre nach ihremTod eine Einzelausstellung. Und erstmals werden mit den Beständen des Markgräfler Museums Ihr Leben und mit einer Auswahl aus der Sammlung Prinzhorn Ihr Werk eingehend in Verbindung gebracht. Das Markgräfler Museum verwahrt viele familiengeschichtliche Zeugnisse sowie die einzigen erhaltenen Porträtfotografien der Künstlerin –sowie ein großformatiges Porträtbild von Professor Ferdinand Keller.Else Blankenhorns künstlerische Produktion weist eine ungeheure Breite auf–technisch wie thematisch-und reicht vom „idealen Paar“ bis zu religiösen Darstellungen.Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurdesie 1919 nach Deutschland auf die Reichenau verlegt und starbein Jahr später nach einer Tumor-Operation.„Ich staune,welche Kräfte durch Krankheit manchmal freigelegt werden“, schriebKirchner 1917, auch er nach belastenden KriegserlebnissenPatient bei Binswanger. Die Bilder Blankenhorns beschäftigten ihn jahrelang, bewundernd und kritisch. Der Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn, der damals die „Bildnereider Geisteskranken“ untersuchte, planteeine Publikation über Blankenhorn, zu der es dann aber nie kam.In der von ihm um 1919 begründeten Sammlung Prinzhorn in Heidelbergsind die erhaltenenWerke jedoch bis heute aufbewahrt und weiter zu entdecken.In Kooperation mit derSammlungPrinzhorn ander Universität Heidelberg, mit Leihgaben aus der Familieund mit eigenen Beständenwird auch das Markgräfler Museum Müllheimin der Herkunftsregion ihrer Familie an Else Blankenhorn erinnern –wenn die Museen nach dem Lockdown wieder öffnen können.Auch die Sammlung Prinzhorn plant für 2021/22 eine Else-Blankenhorn-Ausstellung, in der eine umfassende Werkauswahl und Exponate aus dem Markgräfler Museum gezeigt werden.
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