St.-Wendelin-Kapelle St. Georgen-Oberkirnach
Von dieser ehemaligen Kapelle zeugen nur noch Ruinen.
Aus dunklen Wassern brüllt alle Jahre der Stier.
Hoch über Oberkirnach, im Hagzinken, steht sie: die St. Wendelins-Kapelle, oder besser ihre Ruinen. Mittelpunkt zahlreicher Sagen. Als Opfer rebellischer Herzöge, wurden die Überreste in den Jahren 1973 bis 1975 von Mitgliedern und Helfern des Vereins für Heimatgeschichte freigelegt und mit den Mauerresten auch ein Stück Oberkirnacher Geschichte. Auch überlieferten sich einige Sagen um diesen Ort.
Die erste Wendelinkapelle muss bereits im 15. Jahrhundert errichtet worden sein. St. Wendelin gilt als alemannisch-fränkischer Volksheiliger, der vor allem in ländlichen Bereichen verehrt wird. Auslöser für den Bau einer Kapelle war, das überliefert eine alte Sage, eine Viehseuche. Sie ging zurück, als die Kapelle stand. Schon bald erreichte die St. Wendelins-Kapelle Berühmtheit im ganzen Land und darüber hinaus.
Viele Menschen machten sich auf, um den heiligen Wendelin zu verehren. Sogar aus dem Breisgau, dem Elsaß und den Vogesen sollen die Leute Wallfahrten gemacht haben.
So berichtete jedenfalls der St. Georgener Gymnasialprofessor und Geschichtsforscher Bartholomäus Heinemann (1885- 1949), der diese Information dem Tagebuch des Abt Georg Gaißer (1595- 1655) entnahm. In der Kapelle war ungefähr Platz für 150 Gläubige, der Rest musste die Gottesdienste auf der Wiese sitzend verfolgen. Eine Quelle ganz in der Nähe der Kapelle versorgte die Pilger mit frischem Quellwasser. Sie wurde die „heilige Quelle" genannt.
Diese erste Kapelle wurde dem Andrang der Pilger bald nicht mehr gerecht, eine größere wurde gebaut, und eben diese Reste gibt es heute noch zu sehen. Die zweite Kapelle wurde am 4. Oktober 1496 eingeweiht. Die Weihurkunde befindet sich heute im Villinger Stadtarchiv. Bei der Freilegung, der in diesem Fall fast 500 Jahre alten Mauern stießen die Arbeiter auch auf gotische Maßwerkteile, die darauf schließen lassen, das dieses Kirchlein mehr als nur eine schlichte Hofkapelle gewesen sein musste.
Dies geht auch aus dem Inventarverzeichnis hervor, dass im Archiv in Stuttgart entdeckt wurde. Dort sind als Inventar beispielsweise ein kupferner Weihkessel, ein Messing-Opferbecken, eine Altardecke, ein silberner Kelch, vergoldet und unzählige andere Dinge aufgeführt.
Der Landesherr Herzog Ulrich von Württemberg war es, der befohlen hatte, im Rahmen der Reformation von Martin Luther die Gottesdienste zu unterbinden und die Wendelinkapelle zu entfernen, sprich abzureißen. Daraus wurde vorläufig nichts, denn der Herzog starb, und für einige Zeit herrschte Ruhe. Erst 1585 begann dann das Ausplündern der Kapelle, und zu Beginn des 17. Jahrhunderts befahl ein Herzog erneut, diese Kapelle einzureißen, und solch abgöttische Wallfahrten zu verbieten. Dem geschah so nach und nach, und so blieben von der einst so bewunderten Wendelinkapelle bald nur noch die Grundmauern übrig.
Natürlich erzählten sich die Leute die tollsten Geschichten um die Wendelinskapelle, und aus einer entstand die Wendelin-Sage:
Vor dem Eingang sollen zwei so genannte „Leichensteine" gelegen haben, übersät mit kleinen Kreuzlein. Und jedes Jahr kam ein weiteres hinzu. Die Bürger von Oberkirnach glaubten, dass dies der heilige Wendelin bewirkte. Doch dann beobachteten einige von ihnen, dass einmal im Jahr ein alter Mann zur Kapelle pilgerte und ein neues Kreuz auf die Steine setzte. Diese Behauptung wurde noch bekräftigt. Denn als der alte Mann starb kamen keine neuen Kreuze mehr auf die Steine, was den Glauben an den heiligen Wendelin etwas erkalten ließ.
Auch die Glockensage handelt von St. Wendel: Die Glocke sollte von der Wendelinkapelle nach St. Georgen gebracht werden. Als der Wagen mit der Glocke, vor den ein Stier gespannt war, schon fast sein Ziel ereichte, wurde er wie von magischen Kräften zurückgestoßen und kam erst am Klosterweiher zum Stehen. Der Fuhrmann versuchte es ein zweites Mal, und wieder kurz vor dem Ziel, bekam der Karren einen Schlag versetzt, und stürzte samt Glocke, Stier und Fährmann in den Klosterweiher und versank im dunklen Wasser. Seitdem hörte man alle Jahre an der Fastenzeit den Stier aus dem See brüllen.
Vielleicht fällt dem einen oder anderen Wanderer, der auf seinem Weg an der St. Wendelins-Kapelle vorbeikommt, im Schatten der Bäume rastet und dabei die Mauerreste betrachtet, ja die eine oder andere Geschichte wieder ein, und mit etwas Fantasie kann er sich wieder in die Zeit zurückversetzen als an dem Platz, wo er nun sitzt, vor 500 Jahren viele Pilger gesessen haben, um den heiligen Wendelin zu ehren.
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